Sonntag, 12. Juni 2022

Wasserstraßen

Bereits um 7 Uhr treibt mich die Sonnenhitze aus dem Schlafsack. Auch die letzten Klamotten sind nun (fast) trocken geworden. Keine Lust / Zeit für Frühstück, ich möchte die nächste Fähre von Vevbelstad um 9:35 Uhr erwischen. Die Fährfrequenz ist hier sehr niedrig, ich müsste sonst stundenlang warten. Über eine Stunde dauert die Fahrt durch die herrliche Schären- und Berglandschaft. Gelegentlich wird es ziemlich eng für unser Boot. Die Eindrücke sie so überwältigend, leider kann ein Foto diese überhaupt nicht widerspiegeln.

Der Navigator leitet uns entlang der Helgelands-Küstenstraße. Das ist eine landschaftlich so tolle Route! Auch das Wetter ist heute morgen toll! Die Sonne brennt vom Himmel, die Straße ist frei und wir genießen die Fahrt. Was ich nicht so auf dem Schirm habe, sind die Fähren. Schon bald erreichen wir den ersten See-Transfer. Der ganze Tag ist bestimmt vom Wechsel zwischen Straßen- und Seefahrt.
Die Straßenstücke zwischen den Fährverbindungen müssen wir leider damit klar kommen, dass die ganzen Fähr-Mitfahrer ja nun in einem Pulk unterwegs sind - das macht gar keinen Spaß. Sind wir vorne, werden wir von hinten angetrieben und können nicht mal kurz für ein Foto anhalten. Sind wir weiter hinten, müssen wir uns den Vordermännern anpassen und deren Staub schlucken. Bei Wohnmobilen bis hin zur LKW-Größe ist das kein Spaß! Es wäre schön, wenn man die Fahrzeuge einfach wegwischen könnte. Das denkt sich wohl auch die Lisl - sie startet einfach mal durch und überholt alle. Auch dann lässt sie es ordentlich weiter laufen. Die Straße verläuft geradlinig oder mit langgezogenen Kurven, in denen die Lisl es richtig krachen lässt. Doch Spaß!

Unerwartet begegnet mir eine Horde Wohnmobile, teilweise in der Straßenmitte oder sogar auf meiner Fahrspur. Die Fahrer sind wohl nicht ganz bei der Sache? Da muss ein Nest oder eine Fähre sein? Tatsächlich, nach kurzer Zeit ist der Hafen da. Die Fähre nach Jetvik ist noch da, sie wird gerade beladen und ich kann mich "just in time" noch einreihen. Per Schiff überqueren wir den durch eine Weltkugel markierten Polarkreis. 

Nun muss ich meine weitere Route festlegen. Die einzige Alternative zur E6 führt über die Lofoten. Auf die große Straße habe ich keine Lust, ich erwarte dort dichten Verkehr mit vielen LKWs, also Stress. Auf den Lofoten werden mich die Touristen mit ihren Wohnmobilen erdrücken. Allerdings kann ich dort auch auf kleinere Straßen und Umwege ausweichen, zumindest teilweise. Also werde ich die Lofoten-Route nehmen. Das bedeutet eine mehr als 3-stündige Überfahrt ab Bodø. Vorsichtshalber muss ich am Abend den Fahrplan studieren.
Ich habe den Überblick verloren, wie viele Fähren wir heute benutzt haben. Nur eines ist hängen geblieben: jedes Boot hat ein anderes Labyrinth bis zum Oberdeck!


Langsam ziehen dunkle Wolken auf, aber wir können ihnen noch davon fahren. Ein paar Tropfen erwischen uns, aber vor uns ist es hell. Da stoppt uns das nächste Fährstück. Fast 1 Stunde lang müssen wir warten, bis die Fähre ankommt. In dieser Zeit hat uns das Unwetter eingeholt. Heftig fängt es an zu regnen - ich mache alles dicht und kann auf der Fähre noch kurz ein wenig unter Dach bleiben. Doch dann geht's los: es regnet nicht nur, es schüttet...nein, es kübelt! Es ist kaum was zu sehen und über die Straße ergießen sich Sturzbäche. Recht langsam und vorsichtig tastet sich die Lisl um die Kurven, über die Frostaufbrüche und durch dunkle Tunnels. Ich habe außer einer Tomate zum Frühstück noch nichts gegessen, bin hungrig, kalt und nass. Nun bekommt auch die Lisl noch Durst - ich muss auf Reserve schalten. Die nächste Tanke wollte ich ohnehin ansteuern. Wir parken unterm Dach und ich schäle mich aus der dicken Kombi. Erst dann stelle ich fest, dass die Tanke heute nur mit Automat funktioniert - ist also nix mit trocknen und wärmen!? Ich will einen trockenen Schlafplatz! Tante Google zeigt in der Nähe einen Campingplatz, bei dem die billigste Hütte "nur" 550 Kronen kostet. Das wäre ok.
 
Ein junger Deutscher scheint den Campingplatz zu betreiben. Er ist nett, aber hartnäckig. Die einzige billige Hütte ist bereits vergeben, die nächste Größe ebenfalls und die 4er-Hütten kosten 850 Kronen! Ich weiß, dass Hütten teuer sind, aber das ist mir zu viel. Es gießt weiter, kein Ende in Aussicht. Wir verhandeln und schließlich gibt er mit eine Hütte für 750 Kronen. Immer noch ein stolzer Preis, aber es ist warm und trocken. Zum Abendessen verbrauche ich meine letzte eiserne Ration: Reis mit Thunfisch. Hm, schmeckt nicht besonders, macht aber satt.

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