Montag, 13. Juni 2022

angekommen...

...an meinem Zu-Hause in meiner Wahlheimat! Und die Lisl ist bei mir!

Für den Morgen habe ich mir einen Wecker gestellt, da ich spätestens um 8 Uhr starten möchte. Die Fähre verlässt Bodø um 11 Uhr und ich baue mir gerne eine kleine Sicherheit ein. Bereits eine halbe Stunde vor dem Klingeln bin ich wach und beschließe aufzustehen. Obwohl ich nicht trödle, ziehen sich Packerei und Putzerei hin - Punkt 8 Uhr rollen dann die Räder! 

Es beginnt, wie es geendet hat - mit Regen. Ganz langsam wird es aber besser und manchmal sind die Straßen trocken genug, dass die Lisl Spaß bekommt und ein bisschen durch die Kurven zieht. Kurz vor 10 Uhr sind wir am Hafen, dort wartet schon massenhaft Kundschaft auf die Fähre. Na ja, ein kleines Motorrad wird sicher immer noch drauf passen. Ob es wohl noch zum einkaufen reicht? Ich habe kein Vesper mehr dabei und an Bord sind die Preise immer so horrend. 1 km zu Fuß ist es bis zu einem kleinen Supermarkt, wo ich mich mit Brot, Wurst, Käse, Obst und Gemüse versorge. Dann schnell wieder zurück - das Schiff wird schon beladen. Wieder mal "just in time".

Auf der Überfahrt gibt es ja nicht viel zu sehen, alles trüb und Wasser ringsherum. Eine lange Dünung lässt das Schiff ein wenig schwanken. Ich hole ein Stündchen Schlaf nach.
In Moskenes angekommen muss ich mich durch die Traube von Touristen kämpfen, die mit ihren Trollies meine Lisl so dicht umdrängeln, dass ich kaum dran komme. Schon wieder Stress - ich freue mich auf meine "einsame" Hütte.
Es regnet. Wie könnte es anders sein? In der Schlange dicker Wohnmobile, Wohnwagen und Autos müssen wir viel Gischt schlucken. Erst ab Leknes wird es besser: von oben kommt nichts mehr, die Straße wird trocken und der zockelnde LKW am Beginn der Schlange biegt endlich ab. Die dicken Wolken bleiben aber bedrohlich und jederzeit regenbereit über uns hängen. Sie verstecken die Berggipfel, so dass wir von den Lo(p)foten nur die (P)foten zu sehen bekommen. 

Bei diesen Gegebenheiten mag ich eigentlich nicht noch eine Nacht im Zelt verbringen. Zuerst besuche ich allerdings noch Freund Ove in Svolvær. Wir unterhalten uns eine Weile und ich wärme mich in seinem Wohnzimmer auf. Gegen 6 Uhr abends brechen wir dann wieder auf. Die Entscheidung ist gefallen: wir ziehen durch bis nach Hause. Schließlich wird es ja nicht dunkel! Tatsächlich reißen sogar gelegentlich die Wolken auf und von Norden blendet mich die tiefstehende Sonne. Sie taucht die Landschaft wieder in faszinierendes, rotgoldenes Licht. Die Lisl beschließt "gutes Wetter" und schaltet die Griffheizung wieder selbständig ab. Da muss ich wohl doch mal danach schauen?

Punkt 22 Uhr sind wir zu Hause! Die Lisl muss heute Nacht erstmal noch draußen stehen, aber ich nehme ihr wenigstens einen Teil des Gepäcks schon mal ab. Willkommen hier! Sogar meine Walfreunde begrüßen uns noch heute Nacht.

Sonntag, 12. Juni 2022

Wasserstraßen

Bereits um 7 Uhr treibt mich die Sonnenhitze aus dem Schlafsack. Auch die letzten Klamotten sind nun (fast) trocken geworden. Keine Lust / Zeit für Frühstück, ich möchte die nächste Fähre von Vevbelstad um 9:35 Uhr erwischen. Die Fährfrequenz ist hier sehr niedrig, ich müsste sonst stundenlang warten. Über eine Stunde dauert die Fahrt durch die herrliche Schären- und Berglandschaft. Gelegentlich wird es ziemlich eng für unser Boot. Die Eindrücke sie so überwältigend, leider kann ein Foto diese überhaupt nicht widerspiegeln.

Der Navigator leitet uns entlang der Helgelands-Küstenstraße. Das ist eine landschaftlich so tolle Route! Auch das Wetter ist heute morgen toll! Die Sonne brennt vom Himmel, die Straße ist frei und wir genießen die Fahrt. Was ich nicht so auf dem Schirm habe, sind die Fähren. Schon bald erreichen wir den ersten See-Transfer. Der ganze Tag ist bestimmt vom Wechsel zwischen Straßen- und Seefahrt.
Die Straßenstücke zwischen den Fährverbindungen müssen wir leider damit klar kommen, dass die ganzen Fähr-Mitfahrer ja nun in einem Pulk unterwegs sind - das macht gar keinen Spaß. Sind wir vorne, werden wir von hinten angetrieben und können nicht mal kurz für ein Foto anhalten. Sind wir weiter hinten, müssen wir uns den Vordermännern anpassen und deren Staub schlucken. Bei Wohnmobilen bis hin zur LKW-Größe ist das kein Spaß! Es wäre schön, wenn man die Fahrzeuge einfach wegwischen könnte. Das denkt sich wohl auch die Lisl - sie startet einfach mal durch und überholt alle. Auch dann lässt sie es ordentlich weiter laufen. Die Straße verläuft geradlinig oder mit langgezogenen Kurven, in denen die Lisl es richtig krachen lässt. Doch Spaß!

Unerwartet begegnet mir eine Horde Wohnmobile, teilweise in der Straßenmitte oder sogar auf meiner Fahrspur. Die Fahrer sind wohl nicht ganz bei der Sache? Da muss ein Nest oder eine Fähre sein? Tatsächlich, nach kurzer Zeit ist der Hafen da. Die Fähre nach Jetvik ist noch da, sie wird gerade beladen und ich kann mich "just in time" noch einreihen. Per Schiff überqueren wir den durch eine Weltkugel markierten Polarkreis. 

Nun muss ich meine weitere Route festlegen. Die einzige Alternative zur E6 führt über die Lofoten. Auf die große Straße habe ich keine Lust, ich erwarte dort dichten Verkehr mit vielen LKWs, also Stress. Auf den Lofoten werden mich die Touristen mit ihren Wohnmobilen erdrücken. Allerdings kann ich dort auch auf kleinere Straßen und Umwege ausweichen, zumindest teilweise. Also werde ich die Lofoten-Route nehmen. Das bedeutet eine mehr als 3-stündige Überfahrt ab Bodø. Vorsichtshalber muss ich am Abend den Fahrplan studieren.
Ich habe den Überblick verloren, wie viele Fähren wir heute benutzt haben. Nur eines ist hängen geblieben: jedes Boot hat ein anderes Labyrinth bis zum Oberdeck!


Langsam ziehen dunkle Wolken auf, aber wir können ihnen noch davon fahren. Ein paar Tropfen erwischen uns, aber vor uns ist es hell. Da stoppt uns das nächste Fährstück. Fast 1 Stunde lang müssen wir warten, bis die Fähre ankommt. In dieser Zeit hat uns das Unwetter eingeholt. Heftig fängt es an zu regnen - ich mache alles dicht und kann auf der Fähre noch kurz ein wenig unter Dach bleiben. Doch dann geht's los: es regnet nicht nur, es schüttet...nein, es kübelt! Es ist kaum was zu sehen und über die Straße ergießen sich Sturzbäche. Recht langsam und vorsichtig tastet sich die Lisl um die Kurven, über die Frostaufbrüche und durch dunkle Tunnels. Ich habe außer einer Tomate zum Frühstück noch nichts gegessen, bin hungrig, kalt und nass. Nun bekommt auch die Lisl noch Durst - ich muss auf Reserve schalten. Die nächste Tanke wollte ich ohnehin ansteuern. Wir parken unterm Dach und ich schäle mich aus der dicken Kombi. Erst dann stelle ich fest, dass die Tanke heute nur mit Automat funktioniert - ist also nix mit trocknen und wärmen!? Ich will einen trockenen Schlafplatz! Tante Google zeigt in der Nähe einen Campingplatz, bei dem die billigste Hütte "nur" 550 Kronen kostet. Das wäre ok.
 
Ein junger Deutscher scheint den Campingplatz zu betreiben. Er ist nett, aber hartnäckig. Die einzige billige Hütte ist bereits vergeben, die nächste Größe ebenfalls und die 4er-Hütten kosten 850 Kronen! Ich weiß, dass Hütten teuer sind, aber das ist mir zu viel. Es gießt weiter, kein Ende in Aussicht. Wir verhandeln und schließlich gibt er mit eine Hütte für 750 Kronen. Immer noch ein stolzer Preis, aber es ist warm und trocken. Zum Abendessen verbrauche ich meine letzte eiserne Ration: Reis mit Thunfisch. Hm, schmeckt nicht besonders, macht aber satt.

Samstag, 11. Juni 2022

abgesoffen

Heut läuft irgendwie alles unrund. In der Nacht hat es heftig gewittert und sintflutartig geregnet. Anscheinend habe ich gar nicht alles mitbekommen, denn das böse Erwachen am Morgen findet in einer Pfütze statt. Isomatte, Schlafsack und natürlich der gesamte Zeltboden sind klatschnass. Dummerweise ist auch die Motorradhose ziemlich nass geworden. Es regnet immer noch, zumindest immer wieder. So macht es keinen Sinn, das Zelt irgendwie abzutgrocken. Ich muss nur zusehen, dass ich selbst einigermaßen trocken bleibe. Beim Zusammenräumen stelle ich fest, dass es wohl in meinen Kleidersack hineingeregnet haben muss, der im Vorzelt stand. Er war nicht ganz zu, aber auch das Vorzelt ist normalerweise dicht. Daneben stehen die Motorradstiefel - komisch, da hat's nicht reingeregnet. Aber in die Futterkiste - obwohl der Deckel zu ist. Erst im Lauf des

Kontinuierlich regnet es weiter, ziehe mich in mich selbst zurück und bekomme nicht viel von der grauen Umgebung mit. Nach knapp 1 Stunde bin ich schon durchgefroren und möchte mich irgendwo wärmen. Da kommt auch schon die rettende Tankstelle, bei der ich eine Flatrate für heiße Getränke gebucht habe. Es gibt leider so gut wie keinen Aufenthaltsbereich, aber für einen Tee und ein wenig Wärme muss es genügen. Die Lisl mag heute wohl auch nicht so recht, die Vorderradbremse ist zu nass und greift nicht, einmal mag sie keinen Gang einlegen, als ich eigentlich die Motorbremse bräuchte, aber dafür zündet sie wunderbar! Ihre Dauerkrankheit "feuchte Zündspule" scheint mit einer Zubehörspule geheilt worden zu sein. Und noch eine gute Nachricht - die Griffheizung springt wieder an! Wenigstens ein Lichtblick bei der Kälte.

Bei dem Wetter wollen wir eigentlich nur schnell weiter kommen, also programmiere ich das Navi um auf weniger Kurven und größere Straßen. Das ändert aber nichts an der Strecke, scheint, als ob es nur einen Weg gäbe? Na dann könnte ich ja Torghatten weglassen? Irgendwie reizt mich der Berg. Jetzt sind wir aber eh nur noch 20 km weg, also fahren wir auch hin. Aha, das ist also der Berg...wahrscheinlich muss man ihn besteigen, um seine Besonderheit zu erforschen. Meiner Faulheit leistet Petrus mit der Gieskanne hier Vorschub und nach dem obligatorischen Foto reisen wir schnell weiter. Unmerklich wird es trockener und wärmer. Die nächste Fähre steht an; ich habe das nicht auf dem Schirm, weil ich einfach den Navigator machen lasse. Aber vielleicht sollte ich doch mal schauen? Schließlich enden hier einige Straße im Nirgendwo auf einer Insel. Ui - da haben wir aber viele Meersüberquerungen vor uns! Und das am Wochenende, da fahren die Fähren mit sehr niedriger Frequenz. Na ja, damit müssen wir jetzt leben.


Auf die Fähre zur nächsten Halbinsel nach Andalsvågen müssen wir lange warten. Immerhin regnet es gerade nicht. Die Überfahrt dauert nicht lange, es sind wieder Unmengen deutscher Wohnmobile an Bord und der eine oder andere "ältere Herr" interessiert sich für die Lisl. Die Etappe zur nächsten Fähre ist ziemlich kurz und eigentlich möchte ich jetzt einen Zeltplatz finden. Unterwegs ist ein Wohnmmobilstellplatz ausgeschildert - hinter der Müllstation aber direkt am Strand. Nix für mich. Es kommt nichts Passendes vorbei, also zweige ich bei der nächsten Abfahrt Richtung Meer ab. Es gibt hier ein paar Bauernhöfe und einige gemähte Wiese, die aber grundlos sumpfig sind. Dann führt ein kleiner Schotterweg Richtung Küste - vielleicht finde ich da ja ein Plätzchen? Aber jedesmal am Wegesende steht ein Häuschen oder ein Schild "privat". Direkt vor dem Schild sieht es nach einer Wieseneinfahrt auf eine noch ungemähte Wiese aus. Da stelle ich mich einfach mal hinein und breite die klatschnassen Sachen aus.
 
Zeltunterlage, Innenzelt, Außenzelt - alles muss ich extra auslegen zum Trocknen. Auch die Isomatte und den Schlafsack, der aber erst trocknen darf, wenn das Zelt fertig ist. In der Zwischenzeit hänge ich auch alle Kleidungsstücke auf, schließlich ist alles noch patschnaß. Je mehr ich auspacke, umso sichtbarer wird das Ausmaß der Überschwemmung! Alles bekomme ich sicher nicht trocken.
Während ich so hin- und her-wurschtle, kommt eine junge Frau mit Kinderwagen anspaziert. Ich ignoriere sie vorerst, aber sie spricht mich an, ich würde auf Privatgrund zelten und die Wiese zerstören. Das ist das erste mal, dass hier jemand einen Einwand hat. Aber sie hat ja recht, ich hätte vorher fragen können. Freundlich klage ich ihr mein Leid, wir unterhalten uns eine ganze Weile und dann hat sie mich wohl für nett genug befunden, die eine Nacht bleiben zu dürfen. Danke. Immer wieder kommen Wolken vorbei, verstecken die Sonne und schauen bedrohlich auf mich herunter. Ob meine Sachen wohl noch trocken werden?

Freitag, 10. Juni 2022

"Kreuzfahrt"

Es ist schon halb neun, als es mir zu warm wird und ich aufwache. Der Parkplatz steht schon voller Autos, die ich aber nicht gehört habe. Nur gegen 5 Uhr habe ich einen LKW gehört, der ei paar Paletten entladen hat. Ein alter hölzerner Bootssteg wird mittlerweile von Bäumchen okkupiert. Niemand will etwas von mir und routiniert läuft der Aufbruch von statten. Bereits nach kurzer Zeit endet die Straße am Fährkai - man weiß ja nie, überwindet man die nächste Wasserstelle per Schiff, Brücke oder Tunnel. Punkt 10 Uhr ist es - die Fähre hat soeben abgelegt! Na ja, alle halbe Stunde geht hier eine. Und in der Zwischenzeit kann ich die feudale Toilette nutzen.



Heute kreuzen wir wild durch die Küstenlandschaft westlich und nördlich von Trondheim. Entlang der Küste, um Fjorde und sonnige Buchten, durch Birken- und Nadelwälder, vorbei an gut gepflegten Gärten mit blühenden Obstböumen. Gute und breite Asphaltstraßen verleiten die Lisl dazu, sich elegant in den Kurven gehen und tief hinein fallen zu lassen. Sie genießt ihre Freiheit! Es ist kaum Verkehr und so haben wir Fahrspaß pur! Lediglich ein paar kurze Erdstraßen-Passagen rütteln uns aus dem Kurventraum wach und zeigen usn noch andere Seiten des Straßen-Netzwerks. Wir lieben diese Abwechslungen!
Das Wetter ist herrlich, die Kleidung passt und wir verweilen immer wieder! Abgesehen von Vesperpausen gibt es auch Telefonpausen an schönen Plätzen neben der Straße. Dort stelle ich fest, dass der Verkehr eigentlich gar nicht so mager ist - dennoch bleiben wir anscheinend gut davor verschont. Der Navigator führt uns auch durch die Stadt auf Abwegen. Der weitere Weg führt wieder parallel zur Hauptstraße auf der anderen Seite des Flusses entlang. Es dauert nicht lange, da finden wir wieder ein wunderschönes Zeltplätzchen: gemähte Wiese, direkt am Wasser, eben, viel Platz.

Die bekannte Maggi-Hackfleisch-Käse-Suppe mit den zusätzlich erforderlichen Zutaten Hackfleisch, Käse und Lauch bekommt von mir als Zugabe: keinen Käse (ist aus), Reis (sieht gehackt aus), Wurst (enthält hoffentlich Fleisch) und Tomate (ist auch Gemüse). Bin sehr gespannt auf den Geschmack! Mm - ganz ordentlich!

Während ich nun den heutigen Blog schreibe, kommt ein Gefährt angezockelt: 6-rädriges ATV mit Alu-Boot auf dem Anhänger, ganz nach meinem Geschmack. Bin ich im Weg? Ich zelte ja quasi in der Einfahrt zum Fluss. Nein, nein. Der gute Mann kramt sogar etwas Deutsch heraus und ich natürlich mein Norwegisch. Es wird eine nette kleine Unterhaltung. Er geht jetzt angeln und hofft auf ein paar Lachse. Ja, die gibt es jetzt schon, sind aber schwierig zu fangen. Er hat bestimmt mindestens 6 Angeln dabei! Petri Heil! Fast entschuldigt er sich noch, dass er auf dem Heimweg wieder an mir vorbeifahren muss...vielleicht schlafe ich ja schon? Der Wind frischt etwas auf und treibt dickere Wolken vor sich her. Angeblich ist ja ab morgen Regen angesagt.

Donnerstag, 9. Juni 2022

Typisch Norwegen

Es geht relativ ruhig zu am Morgen auf dem Campingplatz. Eine Dame fragt mich, ob der Platz in Ordnung war? Abgesehen von der wachsenden Pfütze unterm Zelt war alles Bestens. Die Dusche muss ich natürlich noch ausnutzen! Auch wenn ich die Haare erst kürzlich am See gewaschen habe. Eine andere Dame meint, das Wetter wäre nur noch heute und morgen schön, dann käme der Regen. Na ja, heut ist heut, morgen ist morgen und übermorgen werden wir sehen... Rentnergerecht sind wir erst nach 10 Uhr auf der Straße, wir haben Zeit. Es ist kalt und der Wind ist leider  nicht vorbei. Erst im Lauf des Tages klart es auf und die Sonne gewinnt an Kraft. Dennoch bleibt die Luft kalt. Wir sind eben in Norwegen!

Auch die Landschaft ist und bleibt Norwegen: die krassesten Fjorde und Wasserfälle liegen hinter uns. Wir touren durch nicht mehr so hohe aber nicht weniger steile Berge, entlang von Fjorden und Seen und durch grüne Wiesen und Felder. Fähren und Tunnel reichen sich die Hand. Manchmal weiß man wirklich nicht, ob man sich nun gerade auf einer Insel oder auf dem Festland befindet. Eine hochträchtige Elchkuh streckt uns beim weiden das Hinterteil zu und hält es nichtmal für nötig, den Kopf zu heben. Eine kleine Abwechslung bieten mir zwei reisende Ladies, von denen ich ein Foto machen soll. Sie verwickeln mich in ein Gespräch über woher, wohin und warum.
Einige Wanderer mit riesigen Rucksäcken treiben sich hier herum. Einer "missbraucht" sogar seinen Hund, der anscheinend sein eigenes Bett auf dem Rücken tragen muss. Das sieht sehr lustig aus.

Die Lisl versieht weiterhin treu und zuverlässig ihren Dienst, was man vom Handy nicht behaupten kann. Es mag gerade mal wieder nicht geladen werden. Obwohl es ständig erzählt, "Akku lädt" wird dieser schwächer und schwächer, bis er zum Feierabend bei 11% angelangt ist. Ich verstehe diese Ladestrategie nicht!
Auf mittelprächtigen Erdwegen und dann auf einem schönen Wiesenweg gelangen wir an ein anscheinend ausgedientes kleines Kraftwerk. Hier ist die Welt an einem Abgrund zu Ende - da hat sich aber jemand ordentlich verirrt! Oh - der Navigator weist immer noch auf einen Weg hin, den ich aber erst bei sehr genauem Hinsehen erkennen kann. Im dichten Wald führt ein zugewachsener Pfad steil in die Tiefe ... nein, da spielen wir nicht mehr mit! In unserem Alter muss man so einen Blödsinn nicht mehr machen. Lieber umdrehen und eine gemütliche Asphaltstraße suchen. Es wird zwar dann auch wieder ein guter Erdweg, aber geht doch!

Für die Übernachtung fange ich heute frühzeitig an zu suchen. Da springt mir ein Platz im "Industriegebiet" ins Auge: ein ebener Grasplatz direkt am Meer, mit Bootsstegen ausgestattet und sogar mit einer überdachten Sitzgruppe! Ich vermute, das gehört zu der kleinen Firma nebenan, die aber jetzt Feierabend hat. Zwei verspätet abfahrende Angestellte scheint meine Anwesenheit in keiner Weise zu stören und morgen früh ist die Nacht ja um.

Mittwoch, 8. Juni 2022

Ode an die Lisl

555.555 km! Das alles sind wir Beide zusammen gefahren! Wow, meine liebe Lisl, das ist eine phantastische Leistung! Diese Kilometerzahl hast Du natürlich nicht auf einem Autobahn-Parkplatz erreicht, sondern - wie könnte es anders sein - auf einer grobschottrigen Bergstraße, die eigentlich gesperrt ist.
Seit 34 Jahren sind wir nun verheiratet! Das bedeutet, Du hast jährlich gut 15.000 km zurückgelegt, obwohl Du eine Babypause und eine lange Corona-Pause eingelegt hast, wo ich Dich schmählich im Stich gelassen habe. Auf unserer größten Reise hast Du mich über 40.000 km in 6 Monaten durch den ganzen amerikanischen Kontinent geschaukelt. Du hast mich über Sanddünen und durch reißende Flüsse getragen, ausgewaschene Bergpfade und lange Autobahnstrecken zurückgelegt, wilde Geländetrainings mit mir absolviert und jeden Blödsinn mitgemacht, den ich angestellt habe. 4 Kontinente haben wir zusammen besucht! 
Es war nicht alles klag- oder leidlos. Du hast leichte und schwere Krankheiten überstanden. Durch Südamerika hast Du Dich mit defekter Zündspule gekämpft, in Norwegen bist Du fast gestorben, aber mit letzter Kraft hast Du mich nach Hause gebracht. Und dann bist Du bei einem Unfall wirklich ums Leben gekommen. Dein Herz und Deine Organe leben aber mit einem neuen Skelett weiter.
Lass uns gemeinsam weiter alt werden und uns treu bleiben!

Und nun zum üblichen Teil - wie es mir geht und wie der Tag verläuft:
Nach einer fast schlaflosen Nacht stehe ich früh auf, es beginnt eben leicht zu regnen. Schnell alles einpacken, auf besseres Wetter hoffen und vielleicht den heutigen Fahrtag kurz halten? Das Wetter passt zum Gemütszustand: kühl und undurchsichtig. Immerhin bleibt es vorerst trocken. Ein schönes, gemütliches und kurviges Sträßchen führt uns Richtung Hellesylt.

Und plötzlich - oh Schreck, nicht schon wieder! Versperrt da etwa die AIDA schon wieder die schöne Aussicht??? Nein, es ist ein englisches Kreuzfahrtschiff, aber das macht die Sache nicht besser. Diese Massen-Menschhaltung auf See muss doch grausam sein! 
"Geiranger" ist angeschrieben. Nicht, dass wir da hin wollten, aber mein Navi zeigt da keine Straße an. Ah ja, da gibt es doch eine Fähre von Hellesylt nach Geiranger...ich vergaß. Leider haben wir jetzt wieder einige Tunnels vor uns. Und dann einige Fähren - die machen Spaß und sind erholsam. Und man lernt Gesinnungsgenossen kennen.
Wir nähern uns der magischen Kilometerzahl auf Lisls Tacho. Die Tunnels liegen hinter uns und wir dürfen Richtung Fjell kurven. Aber da prangt ein neongelbes, riesiges Schild "gesperrt - wegen Winter"! Sehr schade! Während wir noch nachdenken und wenden, kommt eine Truppe dänischer Rennradfahrer über den groben Schotter angefegt. Die Männer strahlen vor Stolz über das hinter ihnen liegende Abenteuer! Ich soll unbedingt hier hoch fahren. Nix gesperrt! Nur 3 km grober Schotter, dann kommt wieder Asphalt. Lisl, das machen wir! Genau dort, auf den abenteuerlichen Abwegen darfst Du Dein Jubiläum feiern.

Nächstes Ziel ist Molde und der Atlanterhavsveien. Eigentlich wollte ich mir den für morgen aufheben, aber der Wind bläst uns kalt und böig ins Gesicht. Er frischt sogar bis zum Sturm auf und es gibt keinen geschützten Platz. So setzen wir uns eben mutig auf den hohen Brücken den Winden aus. Ich friere und möchte einfach nur noch ein windstilles Plätzchen! Da leider auch danach lange kein geeigneter Platz für die Nacht zu finden ist, erlauben wir uns heute mal einen "richtigen" Campingplatz. Der ist geschlossen - steht da. Aber er ist voll besiedelt und es gibt auch einen Chef. 200 Kronen will der haben! Als ich andeute, dass mir das viel vorkommt, meint er, ich könne ja auch nix bezahlen. Hm. Ok, er kriegt sein Geld und ich genieße dafür saubere Toiletten, warmes Wasser, Internet und einen Abend im historisch eingerichteten Fischerhaus.







Dienstag, 7. Juni 2022

wenig Kilometer

Meine Theorie wird bestätigt: die Sonne versteckt sich zwar, aber es wird die ganze Nacht hindurch nicht dunkel. Wir haben also die sogenannten "weißen Nächte". Am Morgen steht sie schon sehr früh hoch am Himmel und wärmt das Zelt - obwohl das gar nicht erforderlich ist. Die Nacht war viel wärmer als erwartet. Die Katzenwäsche findet heute mit Gletscherwasser statt, ebenso der morgendliche Kakao. Zur Morgengymnastik begrüßen mich ein verirrter Kuckuck und ein Bachstelzchen.
Gerade als die ersten Motorradfahrer vorbeirollen, schlägt auch Lisls Herz wieder. Sie seufzt noch etwas - ist ihr 9 Uhr etwa zu früh? Auch der Rückenprotektor in der Jacke ist noch steif und unförmig von der Nacht.



Landschaft und Straßen sind einfach unbeschreiblich - auch in Fotos kann man die Schönheit nicht wirklich festhalten. Auf den eingezäunten Wiesen grasen mehr Ziegen als Schafe. Wir gondeln hier durch die herrlichste Landschaft die man sich vorstellen kann bei dem allerbesten Wetter. Dennoch fliegt alles ziemlich unbemerkt an mir vorbei - meine Gedanken sind gefangen in nervigen und unverständlichen Nachrichten aus Deutschland. Ein Autofahrer, der mich fast an die Leitplanke drückt und erst im allerletzten Moment das Steuer herumreißt, tut ein Übriges dazu.

Die Mittagspause an einer Tankstelle neben einem hübschen Fluss dauert ganze zwei Stunden, nur um meinen "Bürokram" zu erledigen. Und dabei habe ich noch nicht einmal die für mein norwegisches Leben wichtigen Dinge (Studium und Glasfaserkabel) gemacht. Immerhin bringt es mir nun einen freien Kopf und wir können uns wieder auf unsere Reise konzentrieren. Mit meinem Pfadfinder bin ich heute recht zufrieden, er findet nette Alternativen zu den großen und viel befahrenen Europastraßen. Auch das Handy spielt mit und entlädt sich nicht. Sehr lange dürfen wir um den See Jølstravatnet herumkurven. In der Ortschaft Breim kommt uns ein Kütschchen entgegen, dessen Zugpferd anscheinend gerade angelernt wird. Kurz darauf grüßt uns eine kleine Herde Fjordpferde - hier scheint ein Gestüt oder zumindest ein Reiterhof zu sein. Kunststück - wir sind ja schließlich gerade in Fjord-Norwegen. Fjordpferde sind übrigens meine Lieblingspferde!

Unscheinbar ist an der Straße der "Eidsfossen" angeschrieben. Wenn ein Wasserfall ein Hinweisschild wert ist, dann ist er vielleicht sehenswert?  Ein gut berfahrbarer Erdweg führt uns zum angrenzenden Kraftwerk, der beeindruckende Wasserfall selbst scheint von den Touristen verschont zu sein. Auf jeden Fall! Der angenehme Nebeneffekt - mein Pfadfinder entdeckt noch weitere Abwege zur Hauptstraße.

Huch - die Straße endet? Eine Fähre steht schon in den Startlöchern aber die Schilder über den Parkspuren, wohin sie fährt kann ich so schnell gar nicht lesen. Na gut, dann nehmen wir eben ein "Schiff nach Irgendwo". Direkt hinter mir schließt sich die Schranke und die Fahrt geht los. Die Überfahrt ist kurz aber ich habe immerhin genug Zeit, zu schauen, dass wir richtig unterwegs sind. Gleich droht uns wieder ein Tunnel und danach landen wir in Nordfjordeid - dort gibt es eine Niederlassung von "Biltema". Die haben genau den Handyhalter, den ich jetzt brauche und Handschuhe, da meine aktuellen schon ziemlich zerfleddert sind. Direkt vor dem Geschäft parkt schon wieder die AIDA! Auch schon da? Und natürlich mit den ganzen Touris. 2 davon schlendern an der Lisl vorbei und der eine sagt zu seinem Kummpel mit interessiertem Blick auf das Motorrad "so muss ein Moped aussehen!". Das freut mich!

Nur wenig später finde ich einen tollen Platz; auch wenn wir heute nicht weit gefahren sind, habe ich für den Abend noch einiges vor. Ein Waldstückchen mit Nadelboden an einem See, die wenig befahrene Straße nebenan. Kaulquappen tummeln sich in Ufernähe. Es gibt einen Tisch, aber ohne Bank. Das stört mich nicht, denn mein Einbeinhocker ist ja auch noch da. Im Lauf des Abends kommen ein paar Autos und Wohnmobile vorbei, aber als sie sehen, daß ich schon Besitz von dem Fleckchen ergriffen habe, verziehen sich alle wieder. Ich bleibe sehr gerne alleine. Da kann ich ein wenig an der Lisl rumschrauben und die Navigationsgeräte ordentlich verbauen. Bin gespannt, ob sich meine Lösung morgen bewähren wird. Um die Griffheizung mag ich mich immer noch nicht kümmern - vielleicht bin ich ja auch von dem herrlichen warmen Wetter zu sehr verwöhnt? Zum Baden ist mir das Wasser zwar doch zu kalt, aber eine ordentliche Wäsche für Körper, Haare und Wäsche ist auf jeden Fall drin. Ein wunderschöner Abend mit diesem frischen Gefühl!