Donnerstag, 19. Mai 2022

Kurviger


Es ist interessant, wo ich wieder mal "gestrandet" bin heute. Aber fangen wir morgens an...

Wow!!! Steffi und ich hatten gestern noch einen fröhlichen und lustigen Abend, sie hat mich bemuttert und bewirtet vom Feinsten, ich bekam dann das Bett und eine frische Dusche! Einen phantastischen Ausblick auf die Schwarzwälder Berge sie ihr Eigen nennen und die Lage ist mitten in unübertrefflichen Motorradstrecken! Vermutlich kennen nicht mal die Ureinwohner all die tollen Ecken hier! Steffi ist sehr früh aufgestanden, ich durfte ausschlafen. Dennoch bin ich schon um 8:30 Uhr mit der Lisl "on the road". 

Heute probiere ich eine Navigations-App auf dem Handy aus, Balduin wurde ja entsorgt. Die App habe ich gestern noch mit meiner geplanten Strecke versorgt und heute funktioniert sie richtig gut. Ich bin sehr zufreiden, um nicht zu sagen "begeistert". Keine Autobahnen (natürlich), auch keine Hauptstraßen, dafür kurvenreiche Sträßchen und Straßen pur! Dichter Verkehr oder gar Stau ist heute fast ein Fremdwort. 
Die Straßenbeläge wechseln von gut geflickt bis sehr löchrig, aber uns kommt das ja sehr entgegen. Ab der Haustür tänzeln wir links - rechts - links - rechts... Erst nach ca. 1,5 Stunden müssen wir die Schwarzwälder Berge verlassen um ein Stück in der Rheinebene voran zu kommen. Wo die Straßen mit dem Lineal gezogen werden, dann die beste App keine Kurven finden! Immerhin findet sie wenig befahrene, schattige Alleen. Weil das Handy nun "fest" am Lenker verankert ist, fotografiere ich sehr selten - der Aufwand ist mir zu groß.

Mein Herz juchzt über die typischen Schwarzwaldhäuser, die sich zwischen die Hügel in enge Mulden ducken und Ziegen, die sich am steilen Hang die Sonne auf den Pelz brennen lassen. So ein intensiver Duft von Gras und frischem Heu, gemischt mit Waldboden und Fichtennadeln. Freie Fahrt auf gewundenen Sträßchen zwischen glücklichen Kühen und Pferden, die auf saftiggrünen und gelb blühenden Wiesen weiden. Gelegentlich dringt sogar das Läuten der Kuhglocken  durch Helm und Wind bis an mein Ohr. Das ist das, was das Motorradfahren ausmacht!
Um die Mittagszeit bläst uns ein heißer Wind entgegen, das Tal hinauf, böig und stürmisch. Wir kommen wieder in bergigere Gegenden und nach einiger Zeit scheint sich etwas zusammen zu brauen. Undurchsichtig trüb sieht die Landschaft aus, die ich jetzt von oben betrachten kann. Da fahen wir hinunter. Oder besser - wir schleichen hinunter, denn am Beginn einer unendlich langen Schlange zockelt ein Traktor mit großem Heuanhänger durch die engen Serpentingen. Das ist schade für den Fahrspaß! Aber die Belohnung bekommen wir im Tal - die dunklen Wolken, die uns bedroht haben, sind wohl schon abgeregnet. Die Straße ist naß aber wir bleiben trocken! Die Temperaturen schwanken heute zwischen 23 und 33 Grad.

Am späten Nachmittag, in der Nähe von Lausanne, mag ich nicht mehr. Müdigkeit und Hunger breiten sich aus. Leider habe ich auf den kleinen Sträßchen keinerlei Einkaufsmöglichkeit gefunden, so dass ich mit meinem Vorrat vorlieb nehmen muss. Allerdings bin ich viel zu faul zum kochen - so besteht das Essen aus einer halben Tasse kaltem Müsli und ein paar Erdnüssen. Der ausgeschilderte Campingplatz war unauffindbar, ansonsten hatte ich noch kein schönes Plätzchen entdeckt. Dort, wo der Platz sein sollte, verläuft ein mickriges Sträßchen am Seeufer. Ein paar Boote liegen am Strand oder im Wasser, 2 Bänke laden zum verweilen ein. Wenige Fußgänger oder Radfahrer passieren gelegentlich. Ein älterer Mann kümmert sich nebenan um sein Boot. Er meint, etwas weiter gäbe es einen Brunnen mit gutem Trinkwasser und auf der gegenüberliegenden Seite des Sees sei ein "richtiger" Campingplatz. Aber will ich das? Hier ist es doch so schön! Dem Mann ist es egal, wenn ich hier übernachte - also werde ich das vielleicht tun.

Da sitze ich also nun am Ufer des Lac de Joux und versuche im Gegenlicht etwas im Computer zustande zu bekommen.

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