Ich bin noch nicht richtig aufgestanden, da klingelt schon das Telefon: große Krise in der Familie. Die Situation zieht sich über den ganzen Tag hin, erfordert einiges an Aufmerksamkeit, bereitet mir Sorgen und Streß und durch den häufigen Nachrichtenverkehr über's Internet wird mein Handy-Akku schneller leer, als er geladen werden kann. Irgendwann am frühen Nachmittag schaltet sich dann das Handy ab und ich muss eine zwangsweise Ladepause einlegen. Auch mein Bordcomputer kriselt am frühen morgen - er denkt noch, es wäre gestern Abend. Zum Glück besinnt er sich recht schnell und zeigt dann die richtige Uhrzeit an.
Der angekündigte Regen um 8 Uhr morgens bleibt zum Glück aus, so dass ich das Zelt trocken einpacken kann, was immer ein großer Vorteil ist. Auf dem Rückweg zur Straße scheuche ich zwei Füchse auf, einer kreuzt direkt meinen Weg, den anderen sehe ich in der Ferne durchs Getreide springen. Dachse scheint es hier auch zu geben, allerdings bemerke ich das nur an den 2 Kadavern neben der Straße. Dafür lacht mich am Abend ein Reh mit aufgestellten Ohren an und beobachtet einfach meine Vorbeifahrt. Ein weiteres Reh leistet mir während des Zeltaufbaus Gesellschaft.Der Regen läßt jedoch nicht ewig auf sich warten, schon bald geht das Grau in Niesel- und dann in Schnürl-Regen über. Wir werden endlich mal wieder richtig gewaschen, war ja sicher auch nötig. Die Lisl trottet zuverlässig vor sich hin, passt aber gut auf die Straße auf: bei der Feuchtigkeit werden Ackerdreck und Kuhfladen schnell zur Rutschpartie. Tapfer sucht auch mein Navigator nach abgelegenen Straßen und Wegen - so abgelegen, dass mir schon wieder der Sprit auszugehen droht. An der einzigen Tankstelle, die laut Tante Google in der Nähe ist, herrscht gähnende Leere. Ein paar handgeschrieben Schilder weisen noch auf die leeren Tanks hin. Na dann hoffe ich einfach, dass unser Sprit noch ein Stück reicht und folge der eingeschlagenen Route. Ein Straßenschild...ups, wir sind in Belgien?! Wir kommen durch ein kleines Dorf "Orval" wo irgendein Event stattfindet. Kilometerlang ist die Straße von parkenden Autos und Bussen gesäumt. Im Vorbeifahren erhasche ich einen Blick auf ein Schloss (ist wohl eine Abtei), dort scheint das Fest stattzufinden. Ein paar Meter danach halten wir an, um die Strecken- und Tanksituation zu klären. Jetzt hat nicht nur die Lisl Durst sondern auch das Internet ist weg - anscheinend ist es nach dem Landeswechsel immer schwierig, eine Verbindung zu bekommen. Die Landkarte von Belgien scheint noch nicht offline zur Verfügung zu stehen, also muss ich jetzt "blind" fahren.
Ein Mann kommt sehr interessiert auf mich zu und überfällt uns mit Fragen zur Lisl. Nach einigem Benzingespräch dann die Anmerkung, dass diese Motorräder mittlerweile sehr rar sind. Nein, meine treue Gefährtin verkaufe ich nicht. Frage an seine Frau: "verkaufen Sie Ihren Mann?" Wir lachen und der Herr verrät mir, wo ich ganz in der Nähe eine Tankstelle finden kann. Dort bekomme ich dann auch wieder Internet und diese kleine Krise ist bewältigt. Die immer noch französisch gebauten Häuser (Natursteine) wirken hier jedoch sehr viel gepflegter und bewohnter. Je weiter wir nach Westen kommen, umso mehr ähneln die Gebäude der deutschen Bauweise mit Verputz - die Veränderung ist spannend anzusehen.Am Nachmittag klart es auf und wird trocken und sehr windig. Kalt ist es immer noch, aber nach dem Regen sind alle Gerüche viel intensiver: das frisch gemähte Gras, die belgischen Kühe und die schweren Kaltblutpferde. Schließlich lädt mich eine Frittenbude zu Currywurst mit Pommes ein- echt belgisches Gericht! Und schon sind wir wieder draußen, aus Belgien!
Mit großem Aufgebot haben sich 2 Polizeikontrollen aufgebaut, die aber zum Glück nichts von mir wissen wollen. Kurz darauf werde ich dann in einer Ortschaft geblitzt - war vermutlich eine dreißiger-Zone. Willkommen zurück in Deutschland! Mein Navigator gibt sich die größte Mühe, aber in diesem dicht besiedelten und flachen Gebiet, können wir schon froh sein, wenn wir von dichtem Verkehr und großen Straßen verschont bleiben. Das allerdings gelingt erstaunlich gut!
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